Rohrleitungen überwachen – 1000-mal genauer als ein EKG
PipeMon+
Ob bei Neubauprojekten, Kindergärten, Krankenhäusern, oder beim Loopleitungsbau: Immer, wenn bestimmte Abschnitte von Rohrleitungen zeitweise oder dauerhaft überwacht werden sollen, um eventuelle Beschädigungen durch Dritte zu erkennen, wird PipeMon+ eingesetzt.
Von der Installation zum Alarm
Das System nutzt Messstellen des kathodischen Korrosionsschutzes, die bereits überall auf den Pipelines installiert sind. An diesen Messstellen müssen für PipeMon+ Sensoren eingesetzt werden – bei dauerhaftem Einsatz auch netzunabhängig mit Energie versorgt über Solarschilderpfähle. Die Sensoren senden ihre Daten an eine Software in der Cloud, welche diese mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz auswertet. Damit ist PipeMon+ eine Lösung, die sich sehr gut auch für temporäre Einsätze eignet. Ohne zusätzliche Tiefbaumaßnahmen kann das System installiert und deinstalliert werden.
Nach der Installation von PipeMon+ wird die Künstliche Intelligenz für ihren Einsatzzweck trainiert – und dann in Betrieb genommen.
- Die Sensoren messen 10-mal pro Sekunde den Stromfluss sowie die elektrische Spannung und erkennen Störungen.
- Alle fünf Minuten wird ein Datenpaket mit Messwerten weitergeleitet. Bei Verletzung der Rohrumhüllung durch ein Baugerät (Bagger, Bohrer, Bodenfräse) verändert sich unter anderem die Schutzstromverteilung auf der Rohrleitung.
- Die Software meldet einen Alarm. Sofort wird eine automatisierte Mail versendet an die zentrale Meldestelle. Die teilt dem zuständigen Entstörungsführer mit, in welchem Abschnitt etwas passiert ist. Nach OGE-Vorschrift ist der Entstörungsführer innerhalb von 30 Minuten an der Leitung. OGE ist dann nach Kontakt des Baggers mit dem Rohr schnellstmöglich vor Ort.
- Wird dann eine tatsächliche Beschädigung festgestellt, sperrt OGE den Leitungsabschnitt.
In unserem technischen Bereich haben wir im Jahr 2005 darüber nachgedacht, wie wir eventuelle Beschädigungen durch Dritte an unseren Rohrleitungen schnellstmöglich erkennen können.
Ich hatte schließlich die Idee, dafür den durch die Rohrleitung fließenden Schutzstrom zu nutzen. Bei einer Störung zwischen zwei Messstellen würde ein Differenzwert als Fehlerantwort generiert. In ersten Versuchen bei einem Institut in Freiberg konnte die Machbarkeit nachgewiesen werden. Allerdings war die damalige Messtechnik nicht für einen produktiven Einsatz geeignet. Erst rund sieben Jahre später war die Sensorik dann soweit.
Bei Verletzung der Rohrumhüllung durch ein Baugerät löst PipeMon+ einen Alarm aus. Wie präzise können Sie baggern?
Kathodischer Korrosionsschutz
Mit dem kathodischen Korrosionsschutz baut OGE einen elektrochemischen Schutz um das Rohr auf. Dieser Schutz über Gleichstrom verhindert die Metallauflösung an der Oberfläche. Indem der Strom Fehlstellen in der Umhüllung findet, zeigen die Sensoren den Ort des Defektes direkt an. PipeMon+ verarbeitet die Messungen der Sensoren und löst bei einem gemeldeten Defekt einen Alarm aus.
Typische Beschädigungen
Immer wieder gibt es unangemeldete Bautätigkeiten. Der Baggerführer weiß hier häufig nicht, dass im Boden ein Leitungsrohr liegt. Bei anderen Baumaßnahmen ist oft die konkrete Lage der Rohre nicht eindeutig bekannt. Wurde zum Beispiel vor mehreren Jahrzehnten ein Rohr vergraben, kann hier bei Baggerarbeiten durchaus versehentlich etwas beschädigt werden. Solche Schäden werden von den Verursachern oft nicht gemeldet.
Die konkrete Lage der Rohre ist nicht immer bekannt. Können Sie sich die Lage der Rohre auf dem Plan merken?
Bisher kein echter Schadensfall
In den Abschnitten des Pipeline-Netzes, die von PipeMon+ überwacht werden, ist bisher kein echter Schadensfall gemeldet worden.
Warum gibt es überhaupt Fehlalarme?
Die Signale, die gemessen werden, sind unruhig, zum Beispiel bei einer Fremdbeeinflussung durch andere Systeme zum kathodischen Korrosionsschutz in der Nähe. Auch können Autobahnen oder Bahnstrecken in der Nähe einer Rohrleitung die Signale verändern. Überschreitet das gemessene Signal einen Grenzwert, wird ein Alarm ausgelöst. Fehlalarme müssen natürlich durch die KI herausgefiltert werden. Bei OGE wird die KI mit gezielt erzeugten Fehlmessungen darin trainiert, immer besser Fehlalarme von echten Alarmen zu unterscheiden.
Mehr als eine Künstliche Intelligenz
Bei PipeMon+ gibt es nicht die eine Künstliche Intelligenz. Jedes Projekt, jede Leitung, jeder Überwachungsabschnitt bekommt eine eigene KI. Die Materialbeschaffenheit und das Alter der Rohrleitungen sowie die Bodenverhältnisse sind lokal sehr unterschiedlich. Die KI muss exakt auf die Bedingungen vor Ort eingestellt und eingerichtet werden. Bevor PipeMon+ also mit den Messungen starten kann, wird die jeweilige KI angelernt und mit Daten gefüttert. Während des Betriebes von PipeMon+ gibt OGE der KI regelmäßig Feedback und korrigiert sie. In diesem weitgehend automatisierten Verfahren werden zum Beispiel auch veränderte Temperaturverhältnisse berücksichtigt, die die KI beeinflussen.
Die OGE ist bei einem Alarm schnellstmöglich vor Ort. Wie schnell sind Sie?
Projekt Scaleout
PipeMon+ kann zurzeit bis zu 600 Sensoren abbilden, deren Daten sammeln und verarbeiten. Bis zu 2,2 Terabyte an Daten werden von 600 Sensoren allein in 14 Tagen gesammelt. Perfomance, Skalierbarkeit und Datenanalyse werden möglich mit einer cloudnativen Architektur und einer Detektionssoftware, die in Kooperation mit Microsoft eingerichtet wurde.
1000-mal genauer als ein EKG
So ähnlich wie die Rohrleitungsströme von PipeMon+ gemessen werden, misst auch der Kardiologe beim EKG die Herzströme. Doch trotz der Laborbedingungen, unter denen medizinische EKGs erstellt werden, ist das Messgerät bei PipeMon+ in rauen Baustellenumgebungen genauer. Die Ströme an erdvergrabenen Rohrleitungen werden etwa 1000-mal so präzise erfasst, wie die Herzströme beim EKG. Wer für diese überragende Messleistung zuständig ist, sieht man nicht auf den ersten Blick. Es ist der MiniTransPlus Empfänger, der sich gut versteckt in den typischen gelben Messschilderpfählen bei den Rohrleitungen befindet.
Mehrwert für Gaskunden, mit den Mitteln der Digitalisierung
PipeMon+ ist ein Beispiel dafür, wie bei OGE die Vorteile der Digitalisierung in der Praxis genutzt werden. Die vorhandene Infrastruktur wird durch digitale Tools wie der Künstlichen Intelligenz zukunftssicher modernisiert. Mit spürbarem Mehrwert für Sicherheit und Bevölkerung.